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Tarifrunde 2010 für Bund und Kommunen:

Tarifverhandlungen ergebnislos - Bundesweite Warnstreiks drohen

Potsdam.

Ohne Annäherung in den gegensätzlichen Positionen endeten nach zwei Verhandlungstagen am heutigen Montag, 1. Februar 2010, die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst mit Bund und Kommunen. Die Arbeitgeber von Bund und Kommunen legten wieder kein Angebot vor. Verhandlungsführer Frank Bsirske (ver.di): "Geht es nach den Arbeitgebern, liegt vor uns ein Jahrzehnt an Lohnpausen und Lohnkürzungen." Bsirske rief zu bundesweiten Warnstreiks ab dem 3. Februar auf. Davon sollen alle Bereiche des öffentlichen Dienstes betroffen sein. Die dritte Verhandlungsrunde findet vom 10. bis 12. Februar 2010 in Potsdam statt. Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben zu diesem Termin ihre Tarifkommissionen eingeladen.

Das spricht erfahrungsgemäß für eine anstehende Entscheidung: Ergebnis oder Scheitern. Nach dem letzten Wochenende steht eher ein Scheitern als eine Einigung im Raum. Für beides ist das Votum der Tarifkommissionen erforderlich.

Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière und VKA-Verhandlungsführer Thomas Böhle (r.).
Die DGB-Vertreter (v.l.): Frank Bsirske (ver.di), Ilse Schaad (GEW) und Konrad Freiberg (GdP).
Fotos (2): Kay Herschelmann

Gewerkschaften erneut "Maßlosigkeit" vorgeworfen
Bundesinnenminister de Mazière hatte zum schon zum Auftakt der beiden Verhandlungstage die nach seinen Worten "maßlose" Forderung der Gewerkschaften zurückgewiesen. Bund und Kommunen verwiesen auf die leeren öffentlichen Kassen und dem anstehenden Sparzwang. Die Kommunen drohten mit Personalabbau und Leistungskürzungen.

Kerstin Philipp, im Geschäftsführenden Bundesvorstand zuständig für Tarifpolitik: "Es ist schon eigenartig, mit den Verursachern der Wirtschafts- und Finanzkrise in einen Topf geworfen zu werden. Bisher galten sie in ihrer Gier als maßlos. Nun sollen das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sein. Eine Unverschämtheit, wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt. Stattdessen Milliardengeschenke für reiche Erben und Hoteliers. Unsere Kolleginnen und Kollegen werden auf das Verhalten der Arbeitgeber mit Demonstrationen und Warnstreiks reagieren, um sie in der dritten Runde Mitte Februar zu einem angemessenen Angebot zu bewegen."

Polizei demonstriert für die Polizei: Einsatzkräfte und GdP-Demonstranten warten am Potsdamer Verhandlungsort auf Bundesinnenminister de Maizière.

Nach Meinung der Arbeitgeber sollen die Bewährungsaufstiege nicht wieder eingeführt werden, es keine geförderte Altersteilzeit und keine verpflichtende Übernahme der Auszubildenden geben. Stattdessen allenfalls eine Anhebung der Leistungsbezahlung – und eine Laufzeit von wenigstens 24 Monaten. Also 24 Monate nichts und kein Wort zu einer linearen Erhöhung oder sozialer Komponente. Für die Weiterentwicklung des Tarifrechts nur Gespräche zu einer möglichen Prozessvereinbarung – auch noch nichts konkretes.



Für die GdP an den Tarifverhandlungen direkt beteiligt: Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg, Kerstin Philipp, für Tarifpolitik verantwortliches Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstandes und Alberdina Körner (l.), Gewerkschaftssekretärin für den Bereich Tarifpolitik.

Die Arbeitgeber lehnten einen Vergleich der Tarifverdienste zwischen öffentlichen Dienst und anderen Branchen ab, wonach die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ca. fünf Prozent im Hintertreffen sind. Stattdessen stellen sie einen Vergleich bei der Steigerung der Reallöhne an. Danach stünden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes weit besser da als die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zu dieser Wahrheit gehöre aber auch, dass in diesen Vergleich auch alle Zeitarbeitsverhältnisse oder Niedriglohnbereiche – also insgesamt alle Dumpingbereiche mitgezählt würden, so Kerstin Philipp.

Mit diesem Vergleich zeigten die Arbeitgeber ihr wahres Gesicht und ihre Wertschätzung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen – und die sei dann bei so einem Vergleich wohl nicht sehr hoch. Dabei könne die Umsetzung der Forderung von insgesamt fünf Prozent für insgesamt mehr als vier Millionen Menschen (Tarifbeschäftigte bei Bund und Kommunen, Beamte und die Anwendungsbereiche) einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Erholung bedeuten.

Auch Kommunale Arbeitgeber kritisieren Streikankündigung
Der kommunale Arbeitgeberverband VKA kritisierte die Streikdrohung der Gewerkschaften. Die Ankündigung massiver Warnstreiks vor der zweiten Verhandlungsrunde sei wenig hilfreich gewesen. Insofern zeigten sie sich doch auch beeindruckt von der Demonstration am Verhandlungsort in Potsdam der Kolleginnen und Kollegen der beteiligten Gewerkschaften. Dort hatte Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei den Demonstranten zugerufen: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns die kommenden Tage bis zur nächsten Verhandlungsrunde nutzen, um den Arbeitgebern in kraftvollen Demonstrationen und Warnstreiks zu zeigen, dass unser Unmut groß ist. Wir lassen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht den Beschäftigten in der Polizei anlasten. Unsere Forderungen haben Augenmaß – Maßlosigkeit und Arroganz liegt bei der anderen Seite. Beteiligt euch auch an den Aktionen der befreundeten Gewerkschaften, Die Gewerkschaft der Polizei muss sichtbar sein."

Wahrlich kühler Empfang für den Verhandlungsführer des Bundes, Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière.

Vorgeschmack auf Kampfbereitschaft
Ergebnislos verlief schon der erste Tag der zweiten Verhandlungsrunde für die Tarifbeschäftigten des Bundes und der Kommunen. Die Arbeitgeber waren am Mittag vor dem Kongresshotel in Potsdam von einem großen Aufgebot an Demonstranten fast aller beteiligten Berufsgruppen empfangen worden. Eine starke Abordnung des Bezirks Bundespolizei mit Kolleginnen und Kollegen aus Berlin, Potsdam und Lübeck begrüßte den Bundesinnenminister mit einem Pfeifkonzert. Auch aus dem Bundeskriminalamt waren Kolleginnen und Kollegen dem Aufruf der GdP gefolgt, den Arbeitgebern einen Vorgeschmack auf die Kampfbereitschaft zu geben.

De Maiziere rief die Arbeitnehmerseite zur Zurückhaltung auf: "Ich möchte darum bitten, dass während des kalten Winters jede Form von Warnstreik nicht zu Lasten der Bevölkerung geht." Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte dagegen, es werde weitere Protestmaßnahmen geben. "Wir werden auch Warnstreiks vorbereiten. Das ist eine ernste Situation. Wir sind nicht bereit, die Zeche für die Wirtschafts- und Finanzkrise zu bezahlen. Die haben andere angerichtet, die schon jetzt wieder prächtig verdienen.“

GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg informiert die Demonstranten über die weiterhin starre Haltung der Arbeitgeber des Bundes und der Kommunen: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns die kommenden Tage bis zur nächsten Verhandlungsrunde nutzen, um den Arbeitgebern in kraftvollen Demonstrationen und Warnstreiks zu zeigen, dass unser Unmut groß ist. Wir lassen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht den Beschäftigten in der Polizei anlasten. Unsere Forderungen haben Augenmaß – Maßlosigkeit und Arroganz liegt bei der anderen Seite. Beteiligt euch auch an den Aktionen der befreundeten Gewerkschaften, Die Gewerkschaft der Polizei muss sichtbar sein."

GdP-Chef Konrad Freiberg: „Unsere Beschäftigten in der Polizei haben in den letzten zehn Jahren Einkommensverluste von über zehn Prozent durch verschiedenste Sparmaßnahmen und Kürzungen hinnehmen müssen. Rund 80 Prozent unserer Tarifbeschäftigten müssen mit einem Bruttoeinkommen von höchsten 2200 Euro ihre Familien ernähren und ihren Kindern eine Ausbildung ermöglichen. Davon gehen noch ständig steigende Sozialversicherungsbeiträge und die Steuern ab. Wer diesen Menschen 'Maßlosigkeit' vorwirft, hat selbst jeden Maßstab verloren.“

Auch bittere Kälte konnte die GdP-Kollegen nicht davon abhalten, den Arbeitgebern in Bund und Kommunen ihre Entschlossenheit zu demonstrieren. Mit dabei auch: Rüdiger Maas, Vorsitzender der Direktionsgruppe Bundespolizeiakademie. Fotos (6): Rüdiger Holecek

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