GdP-Bundesvorsitzender im Interview mit dem DGB-"einblick":
Den Bürgern zugewandt
Berlin. Der GdP-Vorsitzende Oliver Malchow sagt im "einblick"-Interview, warum die Bürgerpolizei in Gefahr ist und eine Verkehrskontrolle für Polizeibeamte gefährlicher sein kann als der Einsatz bei einem Bundesligaspiel. Bitte lesen Sie das Interview im Wortlaut nach dem Klick ...
einblick: Was sind die Schwerpunkte eures Gewerkschaftstages? Oliver Malchow: Zentral werden wir uns mit der Frage befassen, was Sicher Leben in Deutschland bedeutet. Sicherheit gilt als selbstverständlich. Aber was wird dafür getan? Was trägt die Polizei dazu bei? Natürlich geht es auch darum, die gefährliche Arbeit bei der Polizei sicherer zu gestalten. Im Fokus steht zudem das Verhältnis der Politik zum Thema Sicherheit.
einblick: Du kandidierst für die Wiederwahl zum GdP-Vorsitzenden. Was sind deine Ziele? Oliver Malchow: Mein Ziel ist, die Position der GdP als verlässlicher Partner beim Thema Innere Sicherheit auszubauen. Die GdP will die Arbeitsbedingungen der Polizisten verbessern. Aber nicht nur. Es ging uns immer um den gesellschaftlichen Kontext. Wir haben die Polizei auf dem Weg zur Bürgerpolizei begleitet. Wir sorgen mit dafür, dass die Polizei nicht zu einem Staat im Staate wird. Wir zeigen, dass die Polizei rechtsstaatlich positioniert und weisungsgebunden ist.
einblick: Die GdP hat wiederholt auf die zunehmende Gewalt gegen PolizistInnen hingewiesen. Habt ihr mit eurem Engagement etwas erreicht? Oliver Malchow: Schon auf dem letzten Bundeskongress war Gewalt gegen Polizisten ein Schwerpunkt. Unsere Kollegen berichten weiterhin von hoher Aggressivität, die sie erleben. Es geht dabei weniger um die Eskalation bei Demonstrationen oder Fußballspielen. Es sind die vermeintlich kleinen Ereignisse, die uns Sorgen bereiten: familiäre Streitigkeiten, Verkehrsunfälle oder Verkehrskontrollen. Dort erleben Polizisten Aggressivität – verbal und auch körperlich. Es besteht die Gefahr, dass sich Polizisten abwenden, um sich selbst zu schützen. Für eine bürgerorientierte Polizei ist das die falsche Richtung. Wir wollen eine dem Bürger zugewandte Polizei. Wir brauchen aber auch zugewandte Bürger, die uns unterstützen. Das geht nur über Vertrauen. Seit 2013 wird endlich öffentlich über das Thema gesprochen. Die Innenministerkonferenz hat sich mit der Gewalt gegen Polizisten befasst.
einblick: Ist die GdP auch Mitglied im DGB, um den gesellschaftlichen Diskurs zu führen? Oliver Malchow: Die GdP ist relativ spät – in den 1970ern – Mitglied im DGB geworden. Zuvor wurde viel darüber diskutiert, ob wir beim DGB richtig aufgehoben sind. Grundlage ist unser Bild der Polizei: Wir sind StaatsdienerInnen, aber auch Bürger- und ArbeitnehmerInnen. Wir wollen teilhaben an Wohlstand und Mitbestimmung. Und wir wollen im DGB unsere Sichtweisen in die gesellschaftliche Debatte einbringen.
einblick: Du hast eine viel beachtete Rede auf dem DGB-Bundeskongress zum Thema „ziviler Ungehorsam“ gehalten. Wie ist die Debatte von euren Mitgliedern aufgenommen worden? Oliver Malchow: Der Antrag zum zivilen Ungehorsam hat uns in echte Schwierigkeiten gebracht. Es gab kritische Töne bis hin zu klaren Anfeindungen und Versuchen, Mitglieder bei uns abzuwerben. Es ging um die Frage: Sind wir im DGB noch richtig aufgehoben? Das Video meines Redebeitrags auf unserer Homepage war für uns hilfreich. Für mich steht fest: Wenn es um die DGB-Familie geht, müssen sich Antragsteller überlegen, in welche Schwierigkeiten sie andere bringen. Dem Antragsteller war schon vor dem Kongress klar, dass GdP und IG BCE die Sichtweise nicht teilen.
einblick: Die GdP weist vehement auf den Personalmangel bei der Polizei hin. Was sind eure Forderungen? Oliver Malchow: Seit langem weisen wir darauf hin, dass die langen Bearbeitungszeiten etwa bei Internetkriminalität oder Kinderpornografie nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun haben. Auch eine Aufklärungsquote von knapp über zehn Prozent bei Wohnungseinbrüchen ist sehr unbefriedigend. Es gibt zu wenig Personal, dabei wird die Internetkriminalität weiter steigen.
einblick: Welche gesellschaftspolitischen Debatten haltet ihr in den nächsten Jahren für zentral? Oliver Malchow: Wichtige Themen sind der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Sicherung des Lebensstandards. Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen absteigen, werden unzufrieden. Das bringt sie auf die Straße, und es steigt die Gefahr, dass sie kriminell werden. Das Thema Teilhabe ist deshalb für uns wichtig, ebenso die Flüchtlingsproblematik. Die Polizei wird ständig mit Zuwanderung und den daraus resultierenden Konflikten konfrontiert. Im Blick müssen wir auch grenzüberschreitende Kriminalität haben. Es gibt sie, und die letzten Landtagswahlen haben mit den Erfolgen der AfD gezeigt, wie sehr das Thema die Menschen bewegt.
einblick: Die GdP hat mit der Deutschen Polizeigewerkschaft eine konservative Konkurrenz. Wie grenzt ihr euch ab? Oliver Malchow: Häufig werden wir aufgrund der ähnlichen Namen verwechselt. Das stört uns natürlich. Wir sind mit 175.000 Mitgliedern die weltweit größte Polizeigewerkschaft. Egal ob Schutzpolizist, Verwaltungsmitarbeiter oder Kriminalpolizistin – bei uns ist jeder Polizeibeschäftigte willkommen. Unser Wertekanon umfasst Demokratisierung und das Leitbild einer den Bürgern zugewandten Polizei. Wir fordern nach Ausschreitungen keine Gummigeschosse. Es ist ein gravierender Unterschied zwischen uns und der DPolG, dass wir keine Missstände nutzen, um Horrorszenarien zu malen. Es gehört nicht zu unserem Sprachgebrauch, den Konflikt zwischen Dschihadisten und Kurden als „Stellvertreterkrieg“ zu bezeichnen. Wir haben in Deutschland keinen Krieg.
Das Interview (pdf-Download) für den "einblick" führte Chefredakteurin Anne Graef.