Verdachtsunabhängige Kontrollen - Formulare helfen nicht weiter
[caption id="attachment_8472" align="alignleft" width="147"] Formulare helfen weder gegen falsche Rassismusvorwürfe noch der Polizeiarbeit (Bild: Bernd Kasper, pixelio.de)[/caption]
Als "ein Angebot an die Polizei, sich selbst zu kontrollieren", haben mehrere politische Initiativvereinigung kürzlich vorgeschlagen, "Formulare" für Kontrollen der Polizei einzuführen. Damit könnten die erhobenen latenten Rassismus-Vorwürfe eventuell statistisch entkräftet werden. Auf diesem Fragebogen soll nach den Vorstellungen der Anti-Rassismus-Initativen notiert werden, ob der Kontrollierte schwarz, weiß oder farbig ist, welche Religionszugehörigkeit bei ihm vermutet wurde und ob sich der Anfangsverdacht bestätigt habe. Zudem sollen Zeit und Anlass der Befragung festgehalten. Die kontrollierte Person solle das Papier gegenzeichnen.
Aus Sicht der GdP, Bezirk Bundespolizei, ist das gut gemeint, aber nicht gut durchdacht und geht - wenigstens für die Bundespolizei - am Thema vorbei. Denn die Befragungen von Personen durch die Bundespolizei sind verdachtsunabhängig und dienen ausschließlich der Informationsgewinnung zu Routen und Strömen illegaler Einreise in das Bundesgebiet. Einen konkreten Verdacht, den es zu bestätigen oder entkräften gelte, gibt es nicht, es bedarf eines solchen auch nicht. An die Befragung und Überprüfung selbst sind keinerlei die Freiheitsrechte beschneidende Maßnahmen oder polizeiliche Sanktionen geknüpft. Zudem sind solche Formularverfahren mit dem polizeilichen Datenschutz nicht vereinbar, denn die Formulare dürften nicht aufbewahrt werden, weil sie für die Erfüllung der Aufgaben der Bundespolizei nicht benötigt werden. Zudem wäre der bürokratische Aufwand völlig unverhältnismäßig. Im Kern stellt sich die Frage, welchen Beitrag ein Formular zur Bekämpfung illegaler Einreisen leisten soll. Augenscheinlich soll es nur der Abwehr ohnehin ungerechtfertigter Vorwürfe Dritter an die Polizei dienen, kann aber keinen Beitrag zur polizeilichen Arbeit leisten. Formulare können jedoch das Grundmissverständnis nicht auflösen, dass die Polizei kraft Gesetz illegale Einreisen bekämpfen und dafür Informationen sammeln und Lagebilder erstellen soll und sich Einzelne dadurch eventuell belästigt fühlen.
Die GdP verweist darauf, dass die Bundespolizei keinen konkreten Rassismusvorwürfen ausgesetzt ist und die Beschwerdequote aus guten Gründen extrem niedrig ist. Unsere Polizeiarbeit ist nicht rassistisch, sondern rechtstreu. Gesetzesvollzug als rassistisch darzustellen, ist völlig abwegig.
Aus Sicht der GdP ist die Frage, ob und wie unerlaubte Einreise nach Deutschland und in den Raum der Schengener Vertragsstaaten und die damit verknüpfte Kriminalität wie Menschenhandel, Ausbeutung von Prostituierten und strafbarer Ausbeutung von illegalen Arbeitskräften verfolgt werden soll, nur politisch und nachfolgend gesetzgeberisch zu lösen. Die Polizei ist an Recht und Gesetz gebunden. Die bereits seit 1998 eingeführte Polizeibefugnis der Bundespolizei war zunächst bis zum 31.12.2003 befristet und wurde dann vom Deutschen Bundestag nach entsprechender detaillierter Berichterstattung der (rot-grünen) Bundesregierung und breiter politischer Diskussion entfristet. Sie berechtigt die Bundespolizei als Kompensationsmaßnahme für den Wegfall der Grenzkontrollen zwischen den Schengen-Staaten, innerhalb des bereits bestehenden sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereiches, aber auch außerhalb des 30-km-Grenzgebietes zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in Zügen, auf Bahnhöfen sowie auf von der Bundespolizei betreuten Verkehrsflughäfen mit grenzüberschreitendem Verkehr jede Person auch ohne konkrete, individuelle Verdachtsmomente kurzzeitig anzuhalten, zu befragen und mitgeführte Ausweispapiere oder Grenzübertrittspapiere zu prüfen sowie mitgeführte Sachen in Augenschein zu nehmen. Polizeiliche Folgemaßnahmen, wie Durchsuchung, Festhalten, Mitnahme zur Dienststelle oder erkennungsdienstliche Behandlung ergeben sich auf der Grundlage anderer Befugnisnormen in einem abgestuften Verfahren erst, wenn konkrete und individuelle Verdachtsmomente dies rechtfertigen. Im Bahnbereich darf die Bundespolizei von der Befugnis nur dann Gebrauch machen, soweit solche Verkehrsmittel auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung zur unerlaubten Einreise genutzt werden.
Man kann nicht die Augen davor verschließen, dass die Opfer der mit der illegalen Einreise und dem illegalen Aufenthalt in Deutschland verknüpften Kriminalitätsfelder aus bestimmten Herkunftsländern stammen und bestimmte Transportwege bevorzugen.
Die Befragungen führten zu zahlreichen Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Einreise, Einschleusung von Ausländern und Urkundenfälschung. Durch die Kontrollen werden auch zahlreiche Zufallstreffer nach gefahndeten Personen und Strafanzeigen wegen Urkunds-, Waffen- und Sprengstoffdelikten bzw. Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz bewirkt. Die polizeilichen Maßnahmen dienen nicht der Bedrängung und Schikane bestimmter Bevölkerungsgruppen, sondern der Bekämpfung illegaler Einreise und der Strafverfolgung.
Kritiker der von der Polizei zu beachtenden Gesetzeslage müssen daher auch bedenken, welche Folgen ihre Forderungen für die Opfer von Illegalität und Menschenhandel haben, wenn die Polizei deren Schicksalen nicht mehr nachgehen soll. Der von den Formularerfindern verfolgte Anspruch, nicht durch eine bloße Befragung behelligt zu werden, kann den Anspruch der Allgemeinheit auf Gesetzesvollzug, Strafverfolgung und des Schutzes von Opfern sexueller Ausbeutung, Menschenhandels und der Ausbeutung illegaler ausländischer Arbeitskräfte nicht aushebeln.