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Konrad Freiberg im Gespräch mit dem Sport-Portal "Spox"

"Dann müssen diese Spiele eben ausfallen"

Berlin.

"Italienische Verhältnisse" sieht Konrad Freiberg auf Deutschlands Fußballplätzen noch nicht. Tendenzen seien aber nicht von der Hand zu weisen. Notfalls müssten Risiko-Spiele abgesagt werden: "Wir schicken keinen Polizisten zum Steinigen zu einem Fußballspiel."

 
SPOX: In Italien herrschte am Sonntag beinahe Ausnahmezustand. Wie ist Ihre Sicht der Dinge?
Konrad Freiberg: Man muss differenzieren. Was da passiert ist, ist ja nicht nur ein reines Fußballproblem. Da mischen sich verschiedene Gruppen. Politisch motivierte, alkoholisierte, manche suchen nur den Kick. Viele gesellschaftliche Problemfelder treffen sich und die Plattform heißt Fußball.

SPOX: Haben die deutschen Vereine ihre Hausaufgaben gemacht, um der Problematik entgegen zu wirken?
Freiberg: In der 1. und 2. Liga hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Die Sicherheit wurde verstärkt, Fanprojekte leisten gute Arbeit. Das muss man anerkennen. Das Problem sind die unteren Ligen, wo die Möglichkeiten der Vereine nun mal begrenzt sind. Und deshalb sind wir alle gefordert - die Polizei, die Kommunen, die Justiz, der DFB - um Lösungsansätze zu suchen, wie wir die Modelle der 1. und 2.Liga auf die unteren Ligen übertragen können.

SPOX: Hört sich gut an. Aber wer soll das bezahlen?
Freiberg: Da liegt das Hauptproblem und da wollen wir die Vereine auch nicht überfordern. Das können wir nicht verlangen. Aber: Die Verantwortung muss deutlich sein! Die Vereine müssen erkennen, dass sie sich rigoros von derartigen Gewalttätern distanzieren müssen. Das muss jeder Einzelne im Verein, egal ob Vorstand, Trainer oder Spieler, immer und immer wieder deutlich machen.

SPOX: Manchmal haben die Vereine die „Fans“ aber gar nicht im Griff, weil viele Gewalttaten nicht im Stadion oder in dessen Umfeld stattfinden.
Freiberg: Das ist richtig. Deshalb ist es auch schwer, einen Verein dafür haftbar zu machen. Das geht gar nicht. Die meisten Angestellten in einem unterklassigen Verein sind ehrenamtlich engagiert. Wenn ich jemanden für etwas verantwortlich machen will, muss ich den Tatbestand genau beschreiben und zuordnen können. Das ist hier aber unmöglich.

SPOX: Können Sie die Größenordnung nennen, auf die sich ein Polizeieinsatz beläuft?
Freiberg: Im letzten Jahr haben wir für die 770 Spiele der 1. und 2. Liga ca. eine Million Arbeitstunden geleistet.

SPOX: In Euro wären das?
Freiberg: Veranschlagt man eine Arbeitsstunde mit ca. 30 Euro sind wir bei 30 Millionen Euro Belastung für den Steuerzahler.

SPOX: Und das ohne die kostspieligen Einsätze in Regional- und Oberliga. Wie kann man diese Zahl einordnen?
Freiberg: Früher hatten wir bei einem unterklassigen Spiel vielleicht zwei Beamte, die den Verkehr regeln mussten. Heute müssen wir zu bestimmten Spielen in Leipzig oder Dresden mit 1000 bis 1500 Mann anrücken.

SPOX: Die 1. und 2. Liga werden gerne als Hochglanzprodukt dargestellt, Ausschreitungen in den unteren Ligen fallen dagegen öfter mal unter den Tisch...
Freiberg: Das ist ein Medienphänomen. Wenn was passiert, schaut man hin. Danach ist das wieder vergessen, bis zum nächsten Vorfall. Aber noch mal: Das ist nicht nur ein Problem des Fußballs. Das ist ein gesellschaftliches Problem.

SPOX: Sind Sie eigentlich in Kontakt mit den italienischen Kollegen?
Freiberg: Im Vorfeld von internationalen Begegnungen oder wie jetzt in Vorbereitung zur EM findet immer wieder ein Austausch statt.

SPOX: Befürchten Sie ähnliche Zustände wie in Italien auch in naher Zukunft in Deutschland?
Freiberg. Die Strukturen in Deutschland sind ganz andere als in Italien, die Polizei hat ein anderes Ansehen. Aber gewisse Tendenzen sind nicht von der Hand zu weisen.

SPOX: Würden Sie Ihre Kollegen bei „italienischen Verhältnissen“ überhaupt zum Einsatz schicken?
Freiberg: Das ist sehr schwierig. Beleidigungen und körperliche Übergriffe gehören ja auch in Deutschland schon zum Alltag.

SPOX: Würden Sie Spiele auch boykottieren?
Freiberg: Wir boykottieren nichts, aber wir würden mit Nachdruck darauf drängen, dass solche Spiele erst gar nicht stattfinden. Wo Gewalt ist, muss man sie unterdrücken und auch mal sagen: „Stop! Ihr Vereine und Verbände, Ihr tragt Verantwortung. Und wenn Ihr damit nicht umgehen könnt, dann müssen diese Spiele eben ausfallen.“ Wobei ich nicht hoffe, dass es so weit kommt. Aber wir schicken keinen Polizisten zum Steinigen zu einem Fußballspiel.

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