Jetzt geht´s los… Gute Besserung mit dem Gesundheitsmanagement!
Im Februar 2012 wurde der Behördenleitung des Bundespolizeipräsidiums ein Entwurf einer Rahmendienstvereinbarung zum Gesundheitsmanagement vorgelegt. Dieser wurde von einer Arbeitsgruppe im Bezirkspersonalrat unter der Leitung von Judith Hausknecht ausgearbeitet. Dieser Vorschlag füllt die Rahmenvereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Inneren, dem Deutschen Beamtenbund und dem Deutschen Gewerkschaftsbund mit Leben. Bei den Befunden für die Bundespolizei wird deutlich: Es gibt Handlungsbedarf! Die Ergebnisse der „Klartext 2010″-Studie und die sich daraus ergebenden Empfehlungen sind inzwischen allen Akteuren bekannt. Doch wir richten den Blick nach vorn.
Bestandteil eines ernstzunehmenden Gesundheitsmanagements ist auch die systematische Berücksichtigung der Auswirkungen von Führungsverhalten auf die Gesundheit. Die vielen unterschiedlichen Begriffe, mit denen wir als Personalräte in den letzten Jahren immer häufiger zu tun haben – wie “Fehlzeiten”, “Krankheitsquote” oder “Gesundheitsrate” – sind Hinweise darauf, wie es um die Gesundheit unserer KollegInnen bestellt ist. Die hohen Krankenstände, der große Anteil langfristiger Krankheitsfälle, die vielfach starke Überlastung sowie Burnout-Gefährdung in der Bundespolizei verlangen nach dem Ausbau eines behördlichen Gesundheitsmanagements. Es ist endlich Zeit für Maßnahmen, die den Menschen in der Organisation gut tun. Was bisher nur Startschuss für die Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst war, soll zukünftig nicht nur für den Dienstsport, sondern auch für sämtliche Maßnahmen gelten, die der Gesundheit aller Beschäftigten in der Bundespolizei dienen. Wenn es um Gesundheitsmaßnahmen geht, gilt es erst, sich zu vergegenwärtigen, was wir unter „Gesundheit“ verstehen. Nach anerkannter Definition der Weltgesundheitsorganisation ist es eben nicht nur Fehlen von Krankheit oder Gebrechen, sondern ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens.In diesem Wirkungsgefüge nehmen die Arbeitsbedingungen einen herausragenden Platz ein. Deren sorgsame und zweckmäßige Gestaltung vermeidet Gefährdungen oder begrenzt sie auf ein unvermeidliches Maß, ermöglicht eine menschengerechte, gesundheits- und leistungsförderliche Behördenkultur und ein gutes Behördenklima, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich mit ihrem Arbeitsplatz identifizieren und hochwertige Arbeitsleistungen erbringen.
Um diesen beruflichen Anforderungen gerecht werden zu können, braucht es Achtsamkeit, die Gewissheit der aufmerksamen Fürsorge und der besonderer Ernsthaftigkeit, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit des dienstlichen Umfeldes.
Das Zustandekommen der heute unterschriebenen Dienstvereinbarung glich auch eher einem „Langstreckenlauf“ den einem „Sprint“
Festzustellen ist, dass es in der Bundespolizei bereits Dienststellen gibt, die sich der Thematik angenommen haben und erste Maßnahmen positiv umsetzen. Die dort errungenen Möglichkeiten werden durch die Rahmendienstvereinbarung keineswegs gehemmt, sondern ausdrücklich zur Fortführung gefördert. Die angestrebte Verbindlichkeit zur Umsetzung in der gesamten Organisation schließt keineswegs Freiräume aus. Ganz im Gegenteil! Den Behörden wird vielmehr die Möglichkeit „auferlegt“, ihren Bedarf im Gesundheitsmanagement adressatengerecht und individuell umzusetzen, da den Verantwortlichen auch die zugehörigen Befugnisse übertragen werden. Es soll also festgeschrieben werden, dass etwas zu tun ist und wie strukturiert zu verfahren ist, nicht jedoch, welche konkreten Einzelmaßnahmen an welchen Orten den Beschäftigten zu Gute kommen sollen.
Gesundheitsmanagement bietet schließlich einen bunten Strauß an Chancen, die auf die Gegebenheiten (z.B. Personal-, Aufgaben- und Infrastruktur) vor Ort reflektiert werden müssen. Es wäre auch abwegig, zu behaupten, die Bundespolizei würde noch keine Instrumente des Behördlichen Gesundheitsmanagements (BGM) anwenden – beispielhaft seien die Sucht- und Sozialberatung, das Eingliederungsmanagement und die Seelsorge genannt. Der salutogenetische Ansatz des BGM zielt allerdings auf eine bessere Verzahnung und Erweiterung der Angebote ab. Dynamische Wechselwirkungen, die zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit führen, sollen als Prozess verstanden werden, der mehr als nur den gesetzlich normierten Arbeits- und Gesundheitsschutz umfasst.
Da Haushaltsmittel bekanntlich knapp sind, ist absehbar, dass kurzfristig kaum Mittel für das Gesundheitsmanagement verfügbar sein werden. Kein Grund, es nicht trotzdem anzugehen.
Keine hohen Investitionen, aber den Einsatz von Dienst- und Freizeit erfordern Maßnahmen der Prävention. An der Suche nach einer inneren Balance, um sich gegen den „Alltagsstress“ zu wappnen, kann sich der Arbeitgeber/Dienstherr zum Beispiel durch ein Angebot an Gesundheits-/Präventionssport und Ernährungsberatung in der Arbeitszeit beteiligen. Denn er zieht den Nutzen, wenn Beschäftigte ausgeglichener und dadurch effektiver sind. Was für den einen lächerlich sein mag, ist für den anderen Ausgleich. Die einen rennen bis zur Erschöpfung, die anderen kombinieren Übungen für Geist und Körper. Doch was hilft mir persönlich, um dem Stress im Alltag zu entfliehen? Das Potential, bei der Selbstfindung zu helfen, haben wir mit vielen Trainerinnen und Trainern oder anderweitig Ausgebildeten in jeglichen Sport- und Entspannungsarten. Nutzen wir es und lassen wir uns durch diese Beschäftigten inspirieren oder anleiten!
Gesundheit ist subjektives Empfinden und jeder trägt zweifelsohne auch eine Selbstverantwortung. Der Dienstherr/Arbeitgeber ist allerdings sehr wohl in der Verantwortung, im Rahmen der Fürsorgeverpflichtung die durch den Dienst/die Arbeit herbeigeführten Belastungen auszuschließen, zu minimieren oder geeignete Maßnahmen zur Bewältigung bereitzustellen. Die Rahmendienstvereinbarung wird den Dienststellen die Bausteine und die Arbeitsstoffe zur Verfügung stellen – die Mauer gegen Krankheiten und Belastungen dürfen dann jedoch vor Ort gebaut werden.
Wissenschaftlich nachgewiesen ist der Personalkörper der Bundespolizei überlastet. Die Folgen der Veränderung in der Altersstruktur sind weitere Ursachen dafür, dass das Thema Gesundheitsmanagement zunehmend in den Mittelpunkt rückt. Eine professionelle Auseinandersetzung damit setzt eine Erhebung über die aktuelle Situation voraus. Dazu wurde im Januar/Februar 2013 eine Erhebung durchgeführt. Für die allgemeine Erhebung des IST-Zustandes von Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) in der Bundespolizei wurde der Fragebogen zur Selbsteinschätzung „Gesundes Mitarbeiter in gesunden Unternehmen“ des Europäischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung“ verwendet. Die Datenerhebung steht am Anfang des Verbes-serungsprozesses.
Die Organisationsbereiche, die bereits gesundheitsfördernde Strukturen geschaffen haben sind unterrepräsentiert. Bislang vier Bundespolizeidirektionen (Pirna, Stuttgart, Koblenz und Flughafen FF/Main) verfügen über veröffentlichte Leitlinien.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Initiative zur Förderung des Gesundheitsmanagements in der Bundesverwaltung vom 10. Dezember 2009 noch nicht in der Organisationsstruktur und -prozessen der Bundespolizei verbindlich aufgenommen und eingeführt wurde.
Mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung wurden die theoretischen Grundlagen geschaffen, um die Überlastung abzubauen, die Gesundheit zu fördern und das Wohlbefinden zu steigern.
Doch zur tatsächlichen „Guten Besserung“ für den Personalkörper bedarf es nun gemeinsamer Anstrengungen. Wir haben nur eine Etappe erreicht, aber noch kein Sieg errungen.
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