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Der Kommentar von GdP-Chef Bernhard Witthaut:

"Vertrauen steht auf dem Spiel"

Berlin.

Fieberhaft arbeiten hunderte von Ermittlern an der Aufklärung der rechtsterroristischen Mord- und Anschlagsserie. Jedes Ergebnis wirft neue Fragen auf. Darunter sind auch Fragen, die tief in die Struktur der Sicherheitsbehörden, aber auch in die Gesellschaft hineinreichen. Was zunächst wie das Werk einer in ihrer verabscheuungswürdigen Weltanschauung verbohrten, abgekapselten Gruppe erschien, erweist sich als geplantes und gezieltes Ergebnis eines Netzwerkes mit Verflechtungen in die erlaubte NPD hinein, je mehr sich die Nebel um das Terror-Trio aus Zwickau lichten. Das Vertrauen der Bevölkerung in die deutschen Sicherheitsbehörden, vielleicht sogar in den Staat selbst, hängt von der glaubwürdigen Beantwortung dieser vielen Fragen ab. Nicht mehr und nicht weniger.

Ebenso glaubwürdig müssen die Konsequenzen sein, die politisch, rechtlich und organisatorisch zu ziehen sind. Wenn sich die bisherige Auffassung von der Praxis des im Grundgesetz verankerten Trennungsgebotes von Nachrichtendiensten und Polizei ebenso als Hindernis zur Verhütung und Bekämpfung rechtsextremistischen Terrors erweisen sollte, wie eine zu religiöse Huldigung des Föderalismus, hätten wir alle etwas falsch verstanden. Trennungsgebot und auch Föderalismus sind Lehren aus der Geschichte und Verhinderungsinstrumente für einen erneuten totalitären Machtaufbau. Es wäre absurd, wenn ihre Auslegung gerade solche Angriffe auf unsere Demokratie und auf den Rechtsstaat erleichtern würden.


 Aus diesem Grunde hat die Gewerkschaft der Polizei die Verpflichtung der Nachrichtendienste zu einer engeren Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden gefordert. Strafrechtlich relevante Erkenntnisse müssen der Polizei zugänglich sein – ebenso müssen Grundlagen für einen Abwägungsprozess geschaffen werden, in dem über das Einsetzen der Strafverfolgung entschieden werden kann.
Wenn relevante Informationen, Bewertungen und Spuren auf den langen Wegen zwischen Ländern und Behörden verloren zu gehen drohen, hat der Föderalismus seine Grenzen als Schutzfunktion eines demokratischen Rechtsstaates erreicht.

Wenn Akten und Informationen „verschwunden“ sind, weil Datenschutz und gesetzliche Löschungsfristen das vorgeschrieben haben, sind Verschwörungstheorien über angeblich auf dem rechten Auge blinde Behörden lächerlich. Wenn heute Unterstützer der Terroristen unerkannt bleiben, weil die Ermittler nicht herausbekommen dürfen, mit wem sie in den letzten Monaten telefoniert haben, dem soll Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger Rede und Antwort stehen, die immer noch (!) mit dem Lügenmärchen einer Totalüberwachung der Bevölkerung die Vorratsdatenspeicherung torpediert.

Zu den Fragen, die sich an die Gesellschaft richten, gehört auch diese: Reichen runde Tische, Bündnisse gegen Rechts und erneut erhobene Forderungen an die Bildungspolitik, in den Schulen mehr über den Nationalsozialismus aufzuklären?

Jeder kann sie sehen: Neonazis, die in Gruppen in Dörfern herumhängen, in denen keine rechtsstaatliche Ordnungsmacht mehr präsent ist. Die durch Straßen in Städten marschieren und gegen die die Polizei machtlos ist, solange sie keine Straftaten begehen. Die Demonstrationsaufzüge gerichtlich durchsetzen und sich zu Versammlungen in geschlossenen Räumen ohnehin treffen dürfen, ohne jemanden fragen zu müssen.

Was verlangen also die, die sich seit langem vor allem aus ländlichen Gegenden zurückgezogen haben, von der Polizei, die sie mit immer neuen Neuorganisationen und Personalkürzungen ebenfalls von der Fläche wegradiert haben?

Der Kommentar des GdP-Vorsitzenden Bernhard Witthaut erschien in der Januar-Ausgabe der GdP- Fach- und Mitgliederzeitschrift "Deutsche Polizei".
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