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Rund 150 Teilnehmer informierten sich auf dem Sicherheitsforum der GdP über den Stand der polizeilichen Vorbereitungen zur Fußball-WM 2006. |
| | 150 aus ganz Deutschland angereiste Gäste informierten sich in der Schalker Veltins-Arena über den letzten Stand der polizeilichen Einsatzkonzepte und über die Entwicklungen in der Fußball-Fan-, Hooligan- und Ultra-Szene. Unterstützt wurde die GdP dabei vom Leitenden Polizeidirektor Jürgen Mathies, Leiter des Vorbereitungsstabes, Helmut Spahn, im WM-Organisationskomitee Abteilungsleiter „Sicherheit“, Professor Dr. Gunter A. Pilz, Sportsoziologe an der Universität Hannover, Thomas Schneider, Leiter der „Koordinationsstelle Fanprojekte“ (KOS) bei der Deutschen Sportjugend, Polizeidirektor Michael Endler, Leiter der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) im Landeskriminalamt NRW und Polizeidirektor Ulrich Grzella, Leiter der PI Nord in Gelsenkirchen, die in Fachvorträgen ein umfassendes Bild über des mutmaßlich größten Polizeieinsatzes in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands zeichneten. |
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Mit dem Zuschaueraufkommen im Stadionfeld, gewaltbereiten Hooligans und dem so genannten „Public Viewing“ stellte der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg die aus GdP-Sicht hervorstechendsten Sicherheitsprobleme vor und während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 dar. Er kritisierte, dass der starke Personalabbau in zahlreichen Ländern die Polizei in große Schwieigkeiten bringe. Bereits in den vorbereitenden Planungen kalkuliere die Polizei ihre Einsätze hart am Limit. Alle Ressourcen, so appellierte der GdP-Vorsitzende an die politisch Verantwortlichen, seien ausgeschöpft.
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Der Leitende Polizeidirektor Jürgen Mathies, Leiter des Vorbereitungsstabes berichtete über den aktuellen Stand der polizeilichen Sicherheitsvorbereitungen aus polizeilicher Sicht. |
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In der "Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)" lagern die Daten über Gewalttäter bei Fußball-Veranstaltungen. Polizeidirektor Michael Endler leitet die ZIS, die im Landeskriminalamt NRW eingegliedert ist. |
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Gefahrenschwerpunkte in Stadien entfallen - Problemzonen: Stadionumfeld und Anreisewege
Die Stadien selbst seien aufgrund der umfangreichen Sicherheitsanforderungen, die die FIFA in den letzten Jahren aufgestellt hat, inzwischen baulich und technisch so gestaltet, dass die früher bestehenden Gefahrenschwerpunkte entfallen seien. Die Zugangskontrollen seien stark ausgedehnt und gegnerische Fan-Gruppen im Stadion wesentlich besser voneinander getrennt worden.
Freiberg: „Der gesamte Bereich ist videoüberwacht und in den Stadien gibt es nur noch Sitzplätze. Musste zum Beispiel bei der Europameisterschaft 1988 in Deutschland ein Stadion noch festungsartig von der Polizei abgeriegelt werden, um Gewaltexzesse zu verhindern, so sind heute die Sicherheitsvorkehrungen so weit ausgedehnt worden, dass so intensive polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen im Stadionbereich nicht mehr erforderlich sind. Dazu kommt, dass in den Stadien die Sicherheit ausschließlich von Ordnungskräften des Veranstalters sichergestellt wird.“
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Helmut Spahn leitet die Abteilung „Sicherheit“des WM-Organisationskomitees. |
| | Besorgt zeigte sich der GdP-Vorsitzende über das Geschehen im Stadionumfeld und auf den Anreisewegen. Nicht alle WM-Stadien lägen auf der grünen Wiese, einige aber im direkten Umfeld von Wohnbebauungen. Umso schwieriger werde es für die polizeilichen Einsatzkräfte sein, die Sicherheit auch im Umfeld eines Stadions sicherzustellen. In diesen Räumen könnten gewaltbereite Anhänger der spielenden National-Teams aufeinander treffen und Ausschreitungen provozieren.
Ähnlich verhalte es sich mit den Anreisewegen. Mit der fast abgeschlossenen WM-Qualifikatiosrunde sei nun klar, dass auch einige Länder in Deutschland teilnähmen, die unmittelbar an Deutschland angrenzen. |
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Freiberg: „ Das hat dieses Problem noch verstärkt. Für polnische, holländische, französische ja letztendlich sogar für englische Fans ist es durchaus möglich, in wenigen Stunden mit dem Privat-Kfz die Spielorte ihres jeweiligen National-Teams zu erreichen. Es ist nicht unrealsitisch, dass es verschiedene Fan-Gruppen an Orten aufeinander treffen könnten, die kaum in einem regionalen Bezug zu der eigentlichen Spielstätte stehen.“ Hinzu komme, dass sich Anhänger etlicher qualifizierter Nationalmannschaften bereits im Land befänden.
Hooligans lösen sich vom eigentlich Fußballgeschehen
Zur Verschärfung der Sicherheitslage trage auch bei, dass sich die seit vielen Jahren bekannte Hooligan-Szene immer mehr vom eigentlichen Fußballgeschehen loslöse. Freiberg: „Das bedeutet dass sich die Polizei bei der Vorbereitung auf gewaltbereite Fans nicht mehr ausschließlich auf die Fußballstadien und deren unmittelbares Umfeld selbst konzentrieren kann.“ Er verwies auf das in einem öffentlich-rechtlich ausgestrahlten Fernsehmagazin Beispiel einer Verabredung zweier rivalisierender Gruppen von Hooligans, die sich fernab von jedem Fußballzusammenhang irgendwo nahe eines Dorfes verabredet hatten und dann aufeinander losgingen.
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Der bekannte "Fan-Forscher" Professor Dr. Gunter A. Pilz, Sportsoziologe an der Universität Hannover, erläuterte die neuesten Entwicklungen in der Fan-Szene. |
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Über reichlich praktische Erfahrungen mit Fußball-Großveranstaltungen verfügt Polizeidirektor Ulrich Grzella, Leiter der PI Nord in Gelsenkirchen. |
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Sicherheitsrisiko "Public-Viewing"
Das „Public-Viewing“ benannte der GdP-Vorsitzende als vermeintlich größtes Sicherheitsproblem. Freiberg: „Ich kann mir unschwer vorstellen, wie viele Kommunalpolitiker versuchen werden, ein Stück des WM-Booms auch in ihre Kommunen zu holen. Ich denke, dass nicht nur an den WM-Spielorten und den großen Städten in Deutschland, sondern in jedem Dorf, in dem es einen etwas größeren Platz gibt, mit öffentlichen Fußball-Live-Übertragungen zu rechnen sein wird. Für mich stellt sich in dem Zusammenhang sofort die Frage, wer ist denn für den Ordnungsdienst bei diesen Veranstaltungen zuständig? Ist an Zugangskontrollen gedacht? Wer hat für die Sicherheit der Zuschauer dort zu sorgen?“ Im Zweifelsfall, so der GdP-Vorsitzende werde dies wahrscheinlich auch wieder die Polizei sein. Freiberg forderte, dass „klipp und klar im Vorhinein festgestellt wird, wer als Veranstalter und wer als Hausherr dieser Veranstaltung gilt und wer damit Verantwortlicher für die Sicherheit und Ordnung während dieser Veranstaltung ist“. Es könne nicht sein, dass die durch technische Voraussetzungen, Zugangskontrollen und Ordnungsdienste in den Stadien geschaffenen hohen Sicherheitsstandards konterkariert würden, wenn „Fan“-Gruppen, die mühsam an und in den Stadien getrennt wurden, nur wenige Kilometer entfernt völlig ungehindert und unkontrolliert vor einer Großbildleinwand aufeinander träfen.
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Ganz nahe am Fan ist schon seit vielen Jahren Thomas Schneider, Leiter der „Koordinationsstelle Fanprojekte“ (KOS) bei der Deutschen Sportjugend. |
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Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sieht massive Sicherheitsprobleme beim so genannten Public-Viewing. |
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Hinweise aber, dass allein aus England pro Spiel der englischen Mannschaft rund 25.000 Fußball-Fans ohne Eintrittskarten zu den Spielen anreisen, machten ein Public-Viewing unverzichtbar. Freiberg: „Es bedarf keiner sonderlich großen Fantasie um sich vorzustellen, wie viele dieser Fans reagieren würden, wenn man ihnen nicht die Gelegenheit geben würde, am Spielort ihrer Mannschaft trotzdem irgendwo das Spiel verfolgen zu können. Insofern können die öffentlichen Übertragungen auch Ventilfunktion übernehmen.“
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Jörg Radek, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands der GdP stellte das von der GdP entwickelte gewerkschaftliche Betreungskonzept vor. |
| | Personalabbau bringt Polizei ans Limit
Freiberg zeigt sich beeindruckt über die bisher geleistete Arbeit der Projektbeteiligten: „Nachdem, was wir auch auf dieser Veranstaltung über den Vorbereitungsstand gehört haben, bin ich zuversichtlich, dass es gelingen kann, diese große Veranstaltung sicher durchzuführen. Ich denke aber, dass die von mir angeführten Problembereiche durchaus geeignet sind, vor Selbstzufriedenheit und davor zu warnen, sich in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen.“ Die deutschen Polizistinnen und Polizisten stehen vor einer ihrer größten Herausforderungen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie den Spagat schaffen sollen, mit immer weniger Personal zu ihren ohnehin schon zahlreichen Aufgaben, nun auch noch diese zusätzliche Last zu stemmen.“ Nicht vergessen werden dürfe, dass ein weltweit bedeutendes Ereignis, wie es die Fußball-WM darstellt, Terroristen zu Anschlägen animieren könnte. Eine solch großdimensionierte Veranstaltung brächte die vermeintliche Attraktivität mit, um die von Terroristen beabsichtigte fanalhafte Wirkung zu erzielen. |
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Der GdP-Vorsitzende forderte die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern eindringlich auf, die Polizei personell in die Lage zu versetzen, die vor den Einsatzkräften liegenden, großen Aufgaben zu bewältigen. Es gehe nicht nur um die Sicherheit der Millionen von Fußball-Fans während der WM, sondern „auch um die Sicherheit unserer eingesetzten Kolleginnen und Kollegen“.
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Eine Fülle aktueller und praxisbezogener Informationen lieferte das GdP-Sicherheitsforum "Sport, Gewalt und die WM 2006".
Fotos (11): Rüdiger Holecek |
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Im Vordergrund: (v. r.) Rüdiger von Schoenfeldt, Präsident des PP Gelsenkirchen, PD Ulrich Grzella und Thomas Schneider (KOS). Im Hintergrund: die Schalker Veltins-Arena. |
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Referate:
Aktueller Stand der Sicherheitsvorbereitungen aus polizeilicher Sicht
Ltd. Polizeidirektor Jürgen Mathies, Leiter des Vorbereitungsstabes
Sport und Gewalt
Professor Dr. Gunter A. Pilz, Sportsoziologe an der Universität Hannover
Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Vorbereitung auf die WM 2006
Polizeidirektor Michael Endler, Leiter der ZIS im Landeskriminalamt NRW
Positionen der Gewerkschaft der Polizei
Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der GdP