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Ernst Schrader (03.04.1877 - 13.07.1936)

Sein Wort hatte bei den politischen Verhandlungspartnern Gewicht

Ernst Schrader, Vorsitzender des "Verbandes Preußischer Polizeibeamte e. V.", war eine der wichtigsten Persönlichkeiten innerhalb der Verbandslandschaft der Polizeigewerkschaften in der Weimarer Republik.


Ernst Schrader als Garde-Ulan um 1900 / PA Wolfgang Klose

1877 wurde Ernst Schrader in Zützen im Kreis Angermünde als Sohn eines Chauseearbeiters geboren. Dort besuchte er auch die einklassige Dorfschule. Im Alter von 18 Jahren trat er dem 1. Garde-Ulanen-Regiment in Potsdam bei, wo er bis zum Obergefreiten aufstieg. Auf Grund seiner Herkunft aus der Arbeiterklasse, nahm er eine gewisse Außenseiterstellung innerhalb des Regiments ein, das sich hauptsächlich aus Angehörigen des Adelsstandes zusammensetzte. Am 11. November 1901 wechselte er, vermutlich wegen mangelnder Ausfstiegsmöglichkeiten, als Polizeiwachtmeister zu den Berliner Schutzmannschaften. Im Herbst des folgenden Jahres heiratete er die gebürtige Potsdamerin Hedwig Stengel. Aus der Ehe gingen zwei Töchter, Johanna Hedwig Elisabeth (10.07.1903) und Gertrud Johanna Hedwig (15.11.1908), hervor. 1913 nahm er an den Versammlungen zur Gründung einer Vereinigung der Schutzleute in Berlin teil.

Diese ersten Versuche einer Vereinsgründung stießen jedoch auf den erbitterten Widerstand der Polizeileitung. Auf einer Versammlung im Januar 1914 wurde er zum dritten Vorsitzenden, als Nachfolger der strafversetzten Kollegen Fuhrmann und Hönow, gewählt. Auch Schrader wurde für seine Bemühungen um den Aufbau einer Interessenvertretung der Schutzleute abgestraft. Er wurde mehrfach von seinen Vorgesetzten vernommen und schließlich von seinem Posten als Telegraphist in den einfachen Straßendienst versetzt. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, an weiteren, nun unter strenger Geheimhaltung durchgeführten Versammlungen, teilzunehmen und diese zu leiten.

Am 13.12.1915 wurde Ernst Schrader auf der Gründungssitzung des „Verbandes der Kameradenvereine“ in Berlin zu dessen Vorsitzenden gewählt. Obwohl die folgende Jahre von Zusammenschlüssen, Abspaltungen und Umbenennungen geprägt waren, konnte Schrader sich bis 1932 an der Spitze der Vereinigung halten, die nach ihm auch Schrader-Verband genannt wurde.

Während der Novemberrevolution 1918, aus der die Weimarer Republik hervorging, trat er bei der Belagerung des Berliner Polizeipräsidiums durch Angehörige des Arbeiter- und Soldatenrates als Verhandlungsführer auf. Den Deeskalations- und Einigungsbemühungen Schraders und anderer Verbandsfunktionäre war es nicht zuletzt zu verdanken, dass die Polizei ihrer Auflösung durch die Revolutionskräfte entging.


Ernst Schrader (mit Zylinder) im Kreise der Polizeiführung / PA Wolfgang Klose

Ernst Schraders demokratische und republiktreue Haltung bestimmten die ideologische Haltung des Verbandes nachdrücklich. Obwohl selbst Mitglied – und bei der Reichstagswahl 1928 auch Kandidat – der SPD, sprach er sich für eine parteineutrale Haltung des Verbandes aus. Zu der sozialdemokratischen Regierung Preußens, insbesondere zu deren Innenminister Severing, pflegte er gute Beziehungen. Sein Wort hatte bei den politischen Verhandlungspartnern Gewicht und so konnten viele Forderungen des Schrader-Verbandes umgesetzt werden.

Bei den Versuchen eine reichsübergreifende Interessenvertretung der Polizeibeamten zu bilden, war Ernst Schrader ebenfalls federführend. So wählte ihn der im Mai 1919 gegründete „Reichsverband der Polizeibeamten Deutschlands“ zu seinem Vorsitzenden. Um sich seinen Verpflichtungen als Verbandsfunktionär voll und ganz widmen zu können, ließ sich Schrader gesundheitliche Untauglichkeit attestieren und schied am 30. Juni 1920 aus dem aktiven Polizeidienst aus.

Auch auf internationaler Ebene war Schrader aktiv. Schon 1922 nahm er an einer Verbandstagung niederländischer Polizeibeamter teil. Im Jahr zuvor hatten Delegierte aus den Niederlanden schon an dem Verbandstag des Schrader-Verbandes teilgenommen und Schrader zu ihrem Ehrenmitglied ernannte. Die 1927 gegründete „Fédération Internationale des Fonctionnaires de Police“ wählte ihn auf ihrem 2. Kongress 1930 in Köln in den Vorstand. Im selben Jahr wurde Schrader als eines von 11 Mitgliedern in die Bundesleitung des DBB berufen. 1931 wählte man ihn zum Vorsitzenden der neugegründeten „Reichsgewerkschaft Deutscher Polizeibeamten“.

Privat gestaltete sich das Jahr 1931 für Schrader schwierig. Schon Anfang des Jahres erkrankte er schwer an einer Herzmuskelschwäche, die es ihm monatelang unmöglich machte, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen. Durch den Kauf eines heruntergekommenen Landgutes bei Ravensbrück, dass er wieder aufzubauen versuchte, sah er sich gezwungen, immer wieder zwischen dort und Berlin zu pendeln. Ende des Jahres musste er einen weiteren Schicksalsschlag verkraften: sein Frau Hedwig verstarb Anfang September.

Die politischen Spannungen erreichten 1932 einen neuen Höhepunkt. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Schrader bat darum, von seinen Aufgaben als Vorsitzender des „Verbandes Preußischer Polizeibeamte e. V." entbunden zu werden. Der Vorstand stimmte jedoch vorerst nur einer Beurlaubung zu. Erst am 28. August kam man seinem Wunsch nach.

Obwohl er den Amtsvorsitz aufgegeben hatte und damit über keinen relevanten politischen Einfluss mehr verfügte, war er immer neuen Angriffen der nationalsozialistischen Presse ausgesetzt. Im Januar 1933 übernahm die NSDAP die Regierungsgeschäfte. Der Schrader-Verband wurde im Juli unter Zwang aufgelöst und seine Mitglieder unter Druck in den nationalsozialistischen „Kameradschaftsbund Deutscher Polizeibeamten“ überführt. Auch Schrader füllte im August einen der Mitgliedsanträge des Kameradschaftsbundes aus. Warum er dies tat ist nicht zweifelsfrei zu klären. Die Nazis werteten diesen Antrag wohl als Affront. Er wurde abgelehnt und Schrader kaum einen Monat später, am 8. September, in „Schutzhaft“ genommen und dem KZ Oranienburg überstellt. Dort blieb er, bis er am 18. Dezember durch eine Amnestie wieder entlassen wurde.


Ernst Schrader in Münster am Stein, 1926 / PA Wolfgang Klose

Wie nachdrücklich die nationalsozialistische Hetze, insbesondere gegen die Person Ernst Schraders, gewirkt hatte, lässt sich einem anonymen Schreiben entnehmen, das Schrader während der Haft erhielt. Darin heißt es:



Im März 1935 heiratete Schrader in zweiter Ehe Olga Ziegler, geschiedene Galle, mit der er wieder nach Berlin zog. Dort lebte er, bis er am 31. Juli 1936 in Folge eines Krebsleidens verstarb. Auch nach Schraders Tod blieben seine Angehörigen nicht von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten verschont. Seine Witwe Olga Schrader berichtete in einem Wiedergutmachungsantrag von 1946 über die Zwangsenteignung des Gutshofs in Ravensbrück:

Quellenangaben:

1 BLHA, Rep. 35 G, KZ Oranienburg, Nr. 3/35
2 Landesarchiv Berlin C Rep. 118-01 Nr. 7298


Quellen:

Reuter, Manfred (2012): "In Treue fest". Eine Studie über ausgewählte Polizeigewerkschaften und Polizeigewerkschafter in der Weimarer Republik. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Polizeigeschichte e.V, 14).

Volquarts, Elisabeth: Beamtenverbände im Nationalsozialismus – Gleichschaltung zum Zwecke der Ausschaltung aufgrund politischer oder weltanschaulicher Gegnerschaft, dargestellt am Beispiel des Deutschen Beamtenbundes, des Verbandes Preußischer Polizeibeamten e.V. und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer e.V., München 2001.

http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=393

Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA) Rep. 35 G, KZ Oranienburg, Nr. 3/35
Landesarchiv Berlin C Rep. 118-01 Nr. 7298

Der Deutsche Polizeibeamte“ Nr. 2, September 1933, S. 65

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