Kommentar des Monats: Längst nicht mehr nur durch die Bundesbereitschaftspolizei ...
Von Heinz Selzner, Vorsitzender der Direktionsgruppe Bundesbereitschaftspolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Eigentlich handelt es sich bei Einsätzen geschlossener Einheiten um die Kernaufgabe der Bundesbereitschaftspolizei. Zunehmend werden jedoch auch Kolleginnen und Kollegen des Einzeldienstes als geschlossene Einheiten eingesetzt. Die Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheiten (MKÜ) sind dafür in begrenztem Umfang vorgesehen; so wurde es jedenfalls im Rahmen des Feinkonzeptes zur Neuorganisation festgelegt. Mittlerweile haben sich die MKÜ zu einem festen Bestandteil im verbandspolizeilichen Einsatz entwickelt.
Die ihnen ursprünglich zugedachte Rolle des gelegentlichen Einsatzes in Verbandsgliederung übernehmen in zunehmendem Maße die sogenannten Alarmeinheiten. Ganz offensichtlich besteht ein hoher Bedarf an verbandsmäßig eingesetzten Polizeikräften. Das Personal wird „zusammengestoppelt“ und es bleiben aber – aus Sicht der Beschäftigten – viele Fragen offen ...
Personalansatz
Der Ausnahmefall des Einsatzes von Alarmeinheiten ist längst zum Regelfall geworden; und das nicht nur bei CASTOR-Einsätzen. Sind Bundesbereitschaftspolizei und MKÜ personell zu schwach aufgestellt, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können? In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass bereitgehaltene Kräfte keine 100%ige Einsatzauslastung haben können. Das wird heutzutage gelegentlich vergessen.
Effizienter Kräfteansatz & Planbarkeit
Zunehmend klagen die Einsatzkräfte der Bundesbereitschaftspolizei darüber, dass im Rahmen einer „Vollkasko-Mentaltität“ Einsätze mit überzogenem Kräfteansatz gefahren werden. Hier stellt sich die Frage, ob die Beurteilung der Lage den tatsächlichen Erfordernissen entspricht? Eine sehr unangenehme Nebenfolge zu hoher Personalanforderungen ist die oft sehr späte Festlegung der konkreten Einsatzstärken. Die hieraus resultierende kurzfristige Planung trifft vom Bereitschaftspolizisten – bis hin zum durch die Umstellung des Regeldienstes Betroffenen in den Inspektionen – alle. Mangelhafte Planung ist ein in hohem Maße krankheitsverursachender Faktor. Und zwar für die Beschäftigten und für ihre Familien. Dies wurde zwischenzeitlich durch wissenschaftliche Studien, wie z. B. durch die Klartext-Studie der GdP, belegt.
Ausstattung
Unbestritten sind die Bemühungen des Bundespolizeipräsidiums zur Verbesserung der Ausstattung anzuerkennen. So ist in diesem Zusammenhang die Einführung des neuen Einsatzanzuges mit integriertem Kälte- und Nässeschutz für Bereitschaftspolizei und MKÜ zu benennen.
Aber insgesamt besteht auch gerade bei den Einsatzanzügen enormer zusätzlicher Bedarf. Letztlich ist die Zuweisung von zwei Einsatzanzügen bei der heutigen Einsatzfrequenz und -intensität zu gering.
Es besteht leider kein Zweifel mehr, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten zugenommen hat. Darum darf es auch kein Zögern bei der Anpassung und Beschaffung der entsprechenden Ausstattung geben. Das gilt im Übrigen auch für unsere Kontroll- und Streifenbeamten.
Bei der Unterbringung von Einsatzkräften hat sich zweifelsfrei ebenfalls vieles verbessert. Das ist richtig, auch wenn gelegentlich überflüssigerweise von „luxuriöser Unterbringung“ im Einsatz gesprochen oder geschrieben wird. Deshalb dürfen die Mindeststandards des Leitfadens 150 zukünftig aus meiner Sicht nur im Ausnahmefall Platz greifen. Ansonsten müssen bei planbaren Einsätzen die üblichen Dienstreisestandards zur Anwendung gelangen. Welcher Bundesbeamte – außerhalb der Bundespolizei – würde (bei weniger anstrengenden Dienstreisen) eine Unterkunft in Containern oder im Twin-Bett akzeptieren? Deshalb ist der Vorwurf einer zu „luxuriösen Unterbringung“ zurückzuweisen und falsch.
Dienstpostenbewertung
Die Anhebung der 1820 letzten noch vorhandenen Dienstposten der Wertigkeit der Besoldungsgruppe (BesGr) A 7/8 nach BesGr A 7–9 der Bundesbesoldungsordnung (BBesO) stellt einen ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung dar. Dennoch ist es für die Angehörigen der Bundesbereitschaftspolizei und teilweise auch der MKÜ einfach nicht einsehbar, warum ihre ansonsten hochgelobte Arbeit an den Brennpunkten polizeilichen Geschehens nach wie vor schlechter bewertet ist, als die unserer Kontroll- und Streifenbeamten im Einzeldienst. Das gilt gleichermaßen auch für die Bewertung der Dienstposten im gehobenen Dienst. Die Angleichung der Bewertung an die einzeldienstlichen Funktionen ist unbedingt herzustellen! – Durch antiquiertes Denken der Verantwortlichen für Haushaltsfragen und Personalsteuerung wird vergleichbar gute Polizeiarbeit ungleich bewertet und damit ungerecht besoldet.
Quintessenz
Der Einsatz geschlossener Einheiten bedarf aus meiner Sicht dringend einer intensiven Aufarbeitung. Die Einsatzkräfte sind so einzusetzen, wie es ihrer Aufgabenbeschreibung entspricht. Das gilt für Bundesbereitschaftspolizei und MKÜ. Das gilt aber auch für die Angehörigen im Einzeldienst, die nur im Ausnahmefall, sprich bei Polizeialarm, als
Alarmeinheiten gegliedert eingesetzt werden sollten. Sachgerechte Lagebeurteilung und effizientere Einsatzverfahren könnten zu einem verringerten Personalbedarf und damit zu einer Reduzierung der Belastung für unsere Kolleginnen und Kollegen führen.
Ideen hierzu sind vorhanden, werden aber meiner Ansicht nach nicht umgesetzt. Hierzu gehören alle Verantwortlichen der Bundespolizeibehörden an einen Tisch. Wer ausschließlich seinen Verantwortungsbereich im Fokus hat, erkennt nicht, dass in diesem vorbehaltlosen Austausch wesentliche Verbesserungspotenziale für eine bessere Einsatzgestaltung liegen; vor allem aber Möglichkeiten zur Optimierung der Rahmenbedingungen insgesamt und damit zur Steigerung der Berufszufriedenheit unserer Kolleginnen und Kollegen.
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